SANIME – gesunder Geist

lat. Sana = gesund, animus = der Geist



Krankheitsbilder


Die Depression

Krankheitsbeschreibung

Die Depression wird den affektiven Störungen zugeordnet und geht typischerweise mit Gefühlen von trauriger Verstimmtheit, gedrückter, pessimistischer Stimmungslage, Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Antriebsminderung, Ermüdbarkeit und Angst bis hin zu Gedanken der Selbsttötung einher. Die betroffenen Patienten beschreiben Zustände von schweren Schuldgefühlen, emotionaler Unbeteiligtheit, sie fühlen sich oft wie versteinert, ausgebrannt und leer. Aber auch sogenannte Vitalsymptome, wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Atembeschwerden und Libidoverlust, sowie Durchschlafprobleme aufgrund des ständigen Beschäftigt sein mit den aktuellen Problemen kennzeichnen diese psychische Störung.
Die Diagnose wird anhand dieser klinischen Symptome gestellt, es gibt psychometrische Testverfahren, diese dienen aber eher der Absicherung der Diagnose und zur Verlaufskontrolle.
In der Praxis wird diese Erkrankung nach dem Schweregrad ihres Auftretens unterschieden (leicht, mittelgradig und schwer) und behandelt.

Erscheinungsformen

Traditionell unterscheidet man zwischen einer endogenen Depression, also ohne erkennbaren Anlass von innen heraus entstanden, was im klinischen Alltag als eine Form der affektiven Psychose bezeichnet wird, die ohne erkennbare Ursache auftritt (und bei der auch eine genetische Mitverursachung vermutet wird), der neurotischen Depression – oder auch Erschöpfungsdepression – (verursacht durch länger andauernde belastende Erfahrungen in der Lebensgeschichte) und der reaktiven Depression – als Reaktion auf ein aktuell belastendes Ereignis.

Somatisierte Depression

Die somatisierte Depression (auch maskierte bzw. larvierte Depression genannt) ist eine depressive Episode, die mit körperlichen Beschwerden einhergeht: Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Beklemmungen in der Brustregion – hier sind die unterschiedlichsten körperlichen Symptome möglich als "Präsentiersymptome" einer Depression. Die Häufigkeit der maskierten Depression in der Hausarztpraxis kann bis 14 % betragen (jeder siebte Patient). Verkannte maskierte Depressionen sind ein aktuelles gesundheitspolitisches Problem.

Organische Depression

Organische Depression nennt man depressive Symptome, die durch eine körperliche Erkrankung hervorgerufen werden (z. B. durch eine Hypothyreose), durch Schilddrüsenfunktionsstörungen, Hypophysen- oder Nebennierenerkrankungen oder Frontalhirnsyndrom. Nicht zur organischen Depression zählen Depressionen im Gefolge von hormonellen Umstellungen, z. B. nach der Schwangerschaft oder in der Pubertät.

Agitierte Depression

Die zur depressiven Symptomatik gehörende innere Unruhe kann gelegentlich so gesteigert sein, dass eine Erscheinungsform entsteht, die agitierte Depression genannt wird. Der Patient wird getrieben von einem rastlosen Bewegungsdrang, der ins Leere läuft. Zielgerichtete Tätigkeiten sind nicht mehr möglich. Der Kranke läuft umher, kann nicht still sitzen und kann auch Arme und Hände nicht still halten, was häufig mit Händeringen und Nesteln einhergeht. Auch das Mitteilungsbedürfnis ist gesteigert und führt zu ständigem, einförmigen Jammern und Klagen. Die agitierte Depression tritt bei älteren Menschen vergleichsweise häufiger auf als in jüngerem und mittlerem Alter.

Atypische Depression

Hauptmerkmale der Atypischen Depression sind die Aufhellbarkeit der Stimmung sowie vermehrter Appetit oder Gewichtszunahme, Hypersomnie, "Bleierne Schwere" des Körpers und eine lang anhaltende Überempfindlichkeit gegenüber subjektiv empfundenen persönlichen Zurückweisungen. "Atypisch" bezieht sich dabei auf die Abgrenzung zur endogenen Depression und nicht auf die Häufigkeit dieses Erscheinungsbildes einer Depression. Etwa 15-40 % aller depressiven Störungen sind "atypische Depressionen". In einer aktuellen Studie aus Deutschland betrug der Anteil atypischer Depressionen 15,3 %. Patienten mit atypischen Depression hatten im Vergleich zu den anderen depressiven Patienten eine höhere Wahrscheinlichkeit an somatischen Angstsymptomen, somatischen Symptomen, Schuldgedanken, Libidostörungen, Depersonalisation und Misstrauen zu leiden.(5)

Ursachen

Die Ursachen depressiver Erkrankungen sind komplex und nur teilweise verstanden. Es ist von einem Zusammenwirken mehrerer Ursachen auszugehen: sowohl biologische Faktoren als auch entwicklungsgeschichtliche Erfahrungen, aktuelle Ereignisse und kognitive Verarbeitungsmuster spielen eine Rolle.

Genetische Ursachen

Familien-, Zwillings- und Adoptionsstudien belegen eine genetische Disposition für Depression. Zwillingsstudien zeigen, dass im Vergleich zu Effekten der gemeinsamen familiären Umgebung genetischen Faktoren eine entscheidende Bedeutung zukommt. So sei das Risiko für Kinder, bei denen ein Elternteil depressiv erkrankt ist, bei 10–15 %, ebenfalls zu erkranken, und bei vorhandener Erkrankung beider Elternteile bei 30–40 %. Es gibt aber kein "Depressionsgen"

Psychologische Theorien

Daneben gibt es eine Reihe von psychologischen Theorien zur Depressionsentstehung, wie zum Beispiel Seligmans Depressionsmodell, nach dem Depressionen auf einer erlernten Hilflosigkeit als Reaktion auf negative Erlebnisse beruhen.

Nach Becks Depressionsmodell stehen kognitive Verzerrungen der Realität durch die Depressiven im Zentrum der Krankheitsentstehung.

Nach dem Depressionsmodell von Lewinsohn, entstehen Depressionen aufgrund einer zu geringen Rate an unmittelbar mit dem Verhalten verbundener Verstärkung. Nach Lewinsohn hängt die Menge positiver Verstärkung von der Anzahl verstärkender Ereignisse, von der Menge verfügbarer Verstärker und von den Verhaltensmöglichkeiten einer Person ab, sich so zu verhalten, dass Verstärkung möglich ist.

Sozialwissenschaftliche Erklärungstheorien zur Depressionsentstehung

Psychosoziale Faktoren

Ungünstige Lebensumstände (Arbeitslosigkeit, körperliche Erkrankung, geringe Qualität der Partnerschaft, Verlust des Partners) können eine depressive Episode auslösen, sofern die genetische Disposition besteht. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass, nachdem eigengesetzlich bereits einmal eine depressive Episode mit Störung der Neurotransmitter aufgetreten war, erneute depressiven Episoden gebahnt sind, d. h. psychische Belastungen stoßen eine präformierte Neurotransmitter-Entgleisung an.

Depression als Ausdruck einer sozialen Gratifikationskrise

Der Medizinsoziologe Johannes Siegrist hat auf der Grundlage umfangreicher empirischer Studien das Modell der Gratifikationskrise (verletzte soziale Reziprozität) zur Erklärung des Auftretens zahlreicher Stresserkrankungen (wie Herz-/Kreislauf-Erkrankungen, Depression) vorgeschlagen.

Gratifikationskrisen gelten als großer psychosozialer Stressfaktor. Sie können vor allem in der Berufs- und Arbeitswelt, aber auch im privaten Alltag (z. B. in Partnerbeziehungen) als Folge eines erlebten Ungleichgewichtes von wechselseitigem Geben und Nehmen auftreten. Sie äußern sich in dem belastenden Gefühl, sich für etwas engagiert eingesetzt oder verausgabt zu haben, ohne dass dies gebührend gesehen oder gewürdigt wurde. Oft sind solche Krisen mit dem Gefühl des Ausgenutztseins verbunden. In diesem Zusammenhang kann es zu heftigen negativen Emotionen kommen. Dies wiederum kann bei einem Andauern auch zu einer Depression führen.(6)

Die Diagnose

Die Diagnose einer Depression wird klinisch gestellt. Das heißt, der Arzt oder Therapeut stellt anhand der Beschreibung der Beschwerden des Patienten, des Eindrucks den der Patient (Verhalten, Haltung, Gestik, Mimik) auf ihn macht und spezieller Fragen die Diagnose. Daneben gibt es standardisierte Testverfahren, wie zum Beispiel das Beck Depression Inventar (BDI). Dies ist gut zur Diagnosesicherung, zur Verlaufs- und Qualitätskontrolle geeignet.

Die Behandlung

Depressionen können in der Regel gut behandelt werden. Infrage kommen die Psychotherapie, physikalische Maßnahmen oder eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva. Häufig wird auch eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung angewandt.

Bei den Medikamenten stehen mehrere Gruppen zur Auswahl, zu nennen sind hier als älteste Gruppe die trizyklischen Antideressiva, die sogenannten SSRI (selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer) und die MAO (Monoanoxidase)-Hemmer. Und auch wenn diese Medikamente, richtig und konsequent eingenommen eine wichtige und unverzichtbare Säule zur Behandlung einer Depression darstellen, so sollte eine Medikamentierung mit dem Ziel vorgenommen werden, den Patienten nach Möglichkeit so weit zu stabilisieren, das er im Verlauf auf diese Mittel verzichten kann.

Und wenn man sich noch einmal die oben genannten Faktoren anschaut, die für die Entstehung einer Depression diskutiert werden, wird man feststellen das die weitaus meisten Ursachen mit eigenen Einstellungen und Ansichten (erlernte Hilflosigkeit, verzerrte Realität) verknüpfte sind oder Reaktionen auf negative Lebensereignisse oder Umstände sind. Auch die Verarbeitung dieser Krisen hat mit der jeweiligen Persönlichkeit zu tun. So verarbeitet der eine Mensch ein negatives Erlebnis problemlos, während der nächste an einer Depression erkrankt. Dieses Phänomen eröffnet aber auch die zweite und wichtige Säule der Therapie von Depressionen, nämlich die Psychotherapie.

Für die Depressionsbehandlung stehen im wesentlichen drei psychotherapeutische Ansätze zur Verfügung.

Das Burnoutsyndrom

Burnout wird in der "Internationalen Klassifikation der Erkrankungen" als "Ausgebranntsein" und "Zustand der totalen Erschöpfung" Der Begriff Burnout tauchte wiederholt in den 1970er Jahren in den Vereinigten Staaten in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Pflegeberufen auf. In die Wissenschaft gelangte der Begriff Burnout durch Erfahrungsberichte von Betroffenen im Gesundheitswesen, also auf induktivem Wege (im Gegensatz zum verbreiteten deduktiven Ansatz). Die ersten wissenschaftlichen Artikel zu diesem Thema wurden 1975 vom amerikanischen Psychiater Herbert Freudenberger und 1976 von der Sozialpsychologin Christina Maslach (University of California) geschrieben.(7) In diesen grundlegenden Arbeiten wird das Burnout-Syndrom als Reaktion auf chronische Stressoren im Beruf beschrieben.

Es hat drei Dimensionen:

1. eine überwältigende Erschöpfung (overwhelming exhaustion) durch fehlende emotionale und physische Ressourcen (Energien) als persönlicher Aspekt.

2. Gefühle des Zynismus und der Distanziertheit (detachment) von der beruflichen Aufgabe (job) als zwischenmenschlicher Aspekt.

3. Ein Gefühl der Wirkungslosigkeit (inefficacy – wegen mangelnder Ressourcen) und verminderter Leistungsfähigkeit als Aspekt der Selbstbewertung (Selbstbild). Besonders betroffen sind Berufe, die es mit Menschen (als Klienten) zu tun haben, die sich in emotional belastenden Situationen befinden.(8)

Die Symptome

Emotionale Erschöpfung (exhaustion oder fatigue)

Diese Erschöpfung resultiert aus einer übermäßigen emotionalen oder physischen Anstrengung (Anspannung). Es ist die Stress-Dimension des Burnout-Syndroms. Die Betroffenen fühlen sich schwach, kraftlos, müde und matt. Sie leiden unter Antriebsschwäche und sind leicht reizbar.

Depersonalisierung

Mit dieser Reaktion auf die Überlastung stellen die Betroffenen eine Distanz zwischen sich selbst und ihren Klienten (Patienten, Schülern, Kunden oder Pflegebedürftigen) her. Das äußert sich in einer zunehmenden Gleichgültigkeit und teilweise zynischen Einstellung gegenüber diesen Personen. Mit anderen Worten: Sie lassen die Probleme und Nöte der Klienten nicht mehr an sich herankommen und konzentrieren sich auf den sachlichen Aspekt der Beziehung. Die Arbeit wird zur reinen unpersönlichen Routine.

Erleben von Misserfolg

Die Betroffenen haben häufig das Gefühl, dass sie trotz Überlastung nicht viel erreichen oder bewirken. Es fehlen Erfolgserlebnisse. Weil die Anforderungen quantitativ und qualitativ steigen und sich ständig verändern, erscheint die eigene Leistung im Vergleich zu den wachsenden Anforderungen gering. Diese Diskrepanz zwischen Anforderungen und Leistungen nimmt man als persönliche Ineffektivität bzw. Ineffizienz wahr. Dies ist auch eine Folge der Depersonalisierung, weil die Betroffenen sich von ihren Klienten entfernt haben und auf deren Erwartungen nicht mehr wirksam eingehen können. Darunter leidet der Glaube an den Sinn der eigenen Tätigkeit.(8)